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Die Orangerie des Schlosses Moritzburg Zeitz

Bauherr
Stadt Zeitz

Planungsleistung
alle Leistungsphasen nach HOAI

Zeitraum
2000 – 2004

Was ist eigentlich eine Orangerie?

„Der Begriff Orangerie, der heute in erster Linie für das Gebäude gebraucht wird, stand im 17. und 18. Jahrhundert zunächst als Synonym für eine Sammlung fremdländischer Gewächse, unter denen die Zitruspflanzen die beliebtesten waren. Eine möglichst umfangreiche Orangerie diente unmittelbar der fürstlichen Repräsentation und gehörte zu den kostspieligen Erfordernissen jeder Hofhaltung.
Die besonderen Eigenschaften der exotischen Pflanzen wie der starke Duft der Blüten und die intensive Farbe von Früchten und Laub machten sie überaus kostbar. Von größter Bedeutung für das Selbstverständnis des Herrschers war jedoch die botanische Besonderheit des immergrünen Laubes und des gleichzeitigen Blühen und Fruchtens. Die im Gegensatz zu mitteleuropäischen Pflanzen fehlende Winterruhe des Zitrus wurde als Symbol für das ewige Leben angesehen. Die fürstliche Zitrussammlung war somit Sinnbild für die Unsterblichkeit des Herrscherhauses.
In Deutschland gehörte seit Anfang des 18. Jahrhunderts eine Orangerie in jeden größeren Schlossgarten. Während die Pflanzen sommers im Garten aufgestellt waren, brauchten sie im Winter eine frostfreie Unterkunft. Im Unterschied zu den Gewächshäusern besteht eine Orangerie vorwiegend aus festem Mauerwerk, was eine stärkere architektonische Gestaltung und Ausschmückung ermöglicht.“ (1)

„Im Stich von Georg Schreiber aus dem Jahre 1725 ist das ursprüngliche Gebäude der Orangerie mit seinem Gartenparterre überliefert. Die Orangerie wurde später als das Schloss Moritzburg gebaut. Ihre Lage direkt am Burggraben, ihre Ausrichtung nach der falschen Himmelsrichtung (Osten) und ihr kleiner Garten lassen darauf schließen, daß sie nachträglich in ein bestehendes Gefüge eingesetzt wurde. Mit Hilfe einer Altersbestimmung der Bauhölzer konnte das Gebäude auf das Jahr 1708 datiert werden.
Der Garten vor dem Gebäude ist mittels Holzzaum abgegrenzt. In der Gartenmitte sehen wir ein abgesenktes Parterre mit Springbrunnen in der Mitte. In den seitlichen Blumenbeeten sind die Wappen des Herzog Moritz und seiner Frau Amalia erkennbar. An der Kante des umlaufenden Weges stehen die aufgereihten Orangenbäume. Außerhalb des Gartens steht der Wasserturm, der den Springbrunnen speiste. Das Gebäude der Orangerie besteht aus einem Mittelpavillon und den zwei Seitenflügeln. Zu dem Flachdach auf dem Mittelpavillon führt ein rückwärtiger Treppenaufgang.
Unter baukünstlerischen Gesichtspunkten betrachtet, liegt der Wert des Gebäudes vor allem in seiner Grundrissform. Die Komposition aus Mittelpavillon und viertelkreisförmigen Seitenflügeln ist eine typische Bauform für Orangerien des Barock, die hier aber auf sehr kleiner Grundfläche verwirklicht wurde. Dies ist eine Besonderheit der Zeitzer Orangerie.“ (2)

Der Innenraum des Gebäudes war ursprünglich hallenartig offen. Jeder Seitenflügel besitzt einen Kamin. Das Gebäude ist jedoch kein reiner Zweckbau. Der Mittelpavillon mit seiner Raumhöhe von 5 Metern ist ein repräsentativer Festsaal. Er besitzt eine umlaufende Vouten- Decke mit Stuckgesimsen. Außerdem sind in den Außenwänden halbrunde Figurennischen eingelassen. Vermutlich standen darin allegorische Plastiken, welche die vier Jahreszeiten darstellten. Diese aufwendige Gestaltung des Innenraumes lässt darauf schließen, daß sich hier in den Sommermonaten der Herzog und sein Hofstaat aufhielten.

In den Außenwänden befinden sich große Sprossenfenster, die viel Licht in das Gebäude lassen. Die Fassaden sind relativ einfach geschmückt durch Pilaster, Gurtgesimse und Giebeldreieck. Die Dachterrasse ist durch Baluster eingefasst.

Nur zehn Jahre nach der Fertigstellung der Orangerie wird das Herzogtum Sachsen-Zeitz aufgelöst, da Herzog Moritz stirbt, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Die Orangerie wurde jedoch weiter genutzt und erhält im Jahre 1735 das Mansarddach mit dem Zwerchhaus auf dem Mittelpavillon, welches noch heute erhalten ist.

1811 wird die ursprüngliche Nutzung aufgegeben. Vor dem Gebäude werden an der Schloßstraße ein Gefängnis und später das Amtsgericht gebaut. Zu diesem Zweck werden der Brunnen abgebrochen und der Orangerie-Garten eingeebnet. Das Gelände wird als Gemüsegarten, Gefängnishof und sogar als Friedhof genutzt. Damit ist die Orangerie in eine Hinterhofsituation geraten.

1821 kauft die Stadt Zeitz das Gebäude und nutzt es zu Wohnzwecken sowie als Speiseanstalt für Arme. 1844 wird in der Orangerie die erste Kleinkinderbewahranstalt der Stadt Zeitz eingerichtet. 1902 wird der Südflügel teilweise abgerissen. An seiner Stelle wird ein zweigeschossiger Klinkeranbau errichtet. Das Gebäude diente weiterhin zeitweise als Wohnung, Kindergarten oder Verwaltung. Bis 1990 wurde das Gebäude durch die Berufsschule genutzt. Im südlichen Anbau wurde noch bis 2001 eine Sonderpädagogische Beratungsstelle betrieben.

Im Zuge der unterschiedlichen Nutzungsänderungen in der Orangerie wurden im Gebäude zahlreiche Trennwände eingebaut, um kleinere Aufenthaltsräume zu schaffen. Unter dem Nordflügel wurde ein Kellerraum eingebaut. Die Symmetrie und der repräsentative Charakter des Gebäudes sind völlig verloren gegangen. 1999 wurden eine umfassende Bestandsaufnahme der Gebäudesubstanz durchgeführt und die Ergebnisse dokumentiert. Um das Gebäude vor dem Verfall zu bewahren, war eine Instandsetzung dringend geboten. Mit der Landesgartenschau 2004 hat die Stadt Zeitz eine einzigartige Möglichkeit erhalten, das Gebäude einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Mit dem Abbruch der großen straßenbegrenzenden Baukörper des Amtsgerichts und des später zum Lehrlingswohnheim umgebauten Gefängnisses wurde die Fläche des ehemaligen Gartenparterres wieder freigelegt.

2001 wurde eine archäologische Grabung im Parterre durchgeführt. In einzelnen Abschnitten konnte man die Reste der Parterremauer freilegen und somit die Lage des Parterres exakt bestimmen. Es ist ca. die Hälfte der originalen Stützmauer erhalten geblieben. Damit wurde die Rekonstruktion der Geometrie der Parterremauer möglich.

In der Rekonstruktion zeigt sich das Orangerie- Parterre in einer Länge von 64 m und in einer Breite von 16 m. Der Laufhorizont im Parterre liegt 1 m tiefer als außerhalb. Der Weg läuft mittig durch das Parterre zum Eingang des Gebäudes. Gemäß barocker Gestaltungstradition steht der Brunnen mitten in der Wegeachse. Das Gestaltungskonzept der Landesgartenschau 2004 sieht vor, das Gebäude der Orangerie instandzusetzen und das Orangerieparterre mit den dazu gehörenden Freianlagen wieder herzustellen.

Der Klinkeranbau im Bereich des Südflügels wurde abgebrochen. Auch alle später eingefügten Raumtrennwände und Zwischendecken wurden entfernt. Anschließend mussten die Umfassungswände und das Dachtragwerk statisch gesichert werden. Die westlichen Außenwände des Mittelpavillons hatten sich um bis zu 25 cm gesenkt und erhielten neue Fundamente. Der verlorengegangene Südflügel wurde rekonstruiert, damit die Orangerie wieder ihre symmetrische Baugestalt erhält. Die Lage und Größe der originalen Fenster konnte noch am Gebäude ermittelt werden.

Das Entwurfskonzept zum Gebäude sah vor, die Innenräume wieder in ihrer Großzügigkeit erlebbar zu machen. Die Räumlichkeiten sollen gastronomisch genutzt werden. Der Mittelpavillon mit seinem Saal steht für Ausstellungen und Veranstaltungen zur Verfügung. Im Nordflügel befindet sich der Gastraum. Im Südflügel sind Nebenräume und Besucher- Toiletten untergebracht. Der später eingefügte Keller im Nordflügel blieb erhalten und wurde durch ein Podest abgedeckt. Das Gebäude wurde der Nutzung entsprechend in unterschiedliche Zonen eingeteilt. Um die Großzügigkeit zu erhalten, führen Glastüren in die Seitenflügel. Durch die großen Sprossenfester erhalten die Räume viel Tageslicht.

Anhand einer restauratorischen Untersuchung wurde die originale Farbfassung der Innenräume ermittelt. Sie besteht aus einem hellgrauen Sockel mit grauen und roten Sockelbändern. Daran schließt sich die Fassung der Oberwand bis zum Stuckgesims in Gelbocker an. Die Vouten- Decke ist in einem hellen Blaugrau gefasst. Die Farbgestaltung wurde dem Bestand entsprechend wieder hergestellt. Die äußere Farbgestaltung wurde ebenfalls durch eine restauratorischen Untersuchung ermittelt. Die Putzflächen sind in einem kräftigen Gelb gefasst, wobei die Pilaster und das Gurtgesims weiß abgesetzt sind.

Ziel der Landschaftsplanung war es, die räumliche Gliederung des Orangerie-Gartens und seinen repräsentativen Charakter wieder herzustellen. Die Parterremauer wurde saniert. In die Mauer wurden zwei neue Sandsteintreppen eingefügt. Ein Brunnenbecken bringt das Element Wasser wieder in den Orangeriegarten zurück. Im Parterre wurde ein umlaufender Weg angelegt, auf dem Bänke aufgestellt wurden. Im Innenbereich wurden Beete abgegrenzt, welche durch Hecken eingerahmt sind. Außerhalb des Parterres wurde ebenfalls ein umlaufender Weg angelegt, von dem man das Parterre überblicken kann. In Richtung Osten zur Straße wurde eine Baumreihe gepflanzt. Die gesamte Freifläche wurde durch eine Mauer zur Straße abgegrenzt.

Zur Eröffnung der Landesgartenschau im April 2004 wurde die Anlage in Betrieb genommen. Der Stadt Zeitz gilt ein großer Dank dafür, daß die historische Anlage der Orangerie an der Moritzburg wieder zum Leben erweckt werden konnte. Der gesamte Schlosskomplex wird um ein fast vergessenes Schmuckstück erweitert. Die Orangerie von Schloss Moritzburg Zeitz strahlt wieder Geist, Gestalt und Ästhetik des Barock aus.

 

Literaturangaben

(1) Der Süden im Norden – Orangerien, ein fürstliches Vergnügen
Herausgeber: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Oberfinanzdirektion Karlsruhe, in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Orangerien in Deutschland e.V.
Verlag Schnell + Steiner GmbH Regensburg, 1999, ISBN 3-7954-1257-9

(2) Orangerie Schloss Moritzburg Zeitz
Abschlussarbeit für das Aufbaustudium Denkmalpflege der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Fachhochschule Coburg, Autoren: Volker Thiele und Marc Wiese, 1999